Erste Bilanz zum 9-Euro-Ticket im VRN
Neues Tarifangebot bringt zwar zusätzliche Fahrgäste – der Ticketverkauf bei Einzelfahrscheinen, Tages- und Monatskarten bricht jedoch ein
Das 9-Euro-Ticket wurde als bundesweit geltendes Tarifangebot vom Koalitionsausschuss der Bundesregierung am 23. März dieses Jahres verkündet. Es gilt in den Monaten Juni, Juli und August 2022. Im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) war es ab Ende Mai im Vorverkauf zu erwerben. Eine erste Auswertung der Verkaufszahlen mit Stand Juni 2022 liegt nun vor.
Für den ersten Monat des Aktionszeitraums wurden im VRN 271.382 Fahrkarten, sprich 9-EuroTickets verkauft, die zu einem Einnahmenvolumen von rund 2,5 Millionen Euro geführt haben.
Dem gegenüber steht jedoch ein erheblicher Rückgang im Absatz bei den Fahrausweisen des Gelegenheitsverkehrs, also den Einzelfahrscheinen, den 5-Fahrten-Tickets, den Tages-Tickets sowie den Zeitkarten für einen Monat. Separat betrachtet entstand in diesen Fahrausweissegmenten ein Verlust von rund 6,7 Millionen Euro an Einnahmen, die nicht durch den Absatz der 9-Euro-Tickets kompensiert werden konnte.
Bei den Jahreskarteninhabern eines Job-Tickets, der Karte ab 60, dem Rhein-Neckar-Ticket sowie dem MAXX-Ticket sind lediglich marginale Veränderungen festzustellen, da diese Abonnements im Aktionszeitraum automatisch auf 9 Euro rabattiert werden.
Volkhard Malik, VRN-Geschäftsführer, gibt eine erste vorsichtige Einschätzung: “Das 9-Euro-Ticket ist gemessen an den nun vorliegenden Daten für den Monat Juni noch kein Erfolg für den VRN und entspricht nicht unseren Erwartungen. Der erhebliche Rückgang bei den Fahrscheinen, die das 9-Euro-Ticket ersetzt, ist doch deutlich im Vergleich zu den verkauften 9-Euro-Tickets. Wenn sich in den beiden restlichen Monaten des Aktionszeitraums die Umsatzzahlen des 9-Euro-Tickets nicht erhöhen, kann man nicht von einem Erfolg des Tickets sprechen, denn dann haben nur die bisherigen Gelegenheitskunden im VRN die Chance ergriffen, mit dem 9-Euro-Ticket noch billiger und häufiger zu fahren. Wir bauen allerdings darauf, dass wir mit der zu Beginn des Jahres im VRN umgesetzten Tarifreform auf dem richtigen Weg sind und mit den auf die Bedürfnisse der Fahrgäste zugeschnittenen Tarifangebote mehr Interesse und Akzeptanz für eine Verkehrswende im Sinne der Klimapolitik erreichen“.
Vorläufige Erkenntnisse im Detail
Die seit Mai im Vorverkauf erworbenen und im Rahmen des Aktionszeitraums bisher verkauften 271.382 Fahrscheine bzw. 9-Euro-Tickets haben zu rund 2,5 Millionen Euro Einnahmen geführt. Mit den im Juni weiterhin verkauften Einzelfahrscheinen, 5-Fahrten-Tickets, Tages-Tickets und Monatskarten konnten Einnahmen von rund 1,5 Millionen Euro erzielt werden, sodass in Summe betrachtet ein Einnahmenvolumen von rund 4 Millionen Euro zu verzeichnen ist. Die zuvor im Mai verkauften Einzelfahrscheine, 5-Fahrten-Tickets, Tages-Tickets und Monatskarten führten zu einem Einnahmenvolumen von rund 8,2 Millionen Euro. Diese Summe, wäre das 9-Euro-Ticket nicht eingeführt worden, wäre sicherlich in ähnlicher Größenordnung wie die Vorjahre zeigen auch im Juni erzielt worden. Somit entstand ein Verlust im Segment des Gelegenheitsverkehrs inklusive der Monatskarten von rund 4,2 Millionen Euro, letztendlich resultierend aus rund 1,3 Millionen weniger abgesetzten Fahrausweisen.
Jahreskarten im Abo weiterhin beständig
Demgegenüber ist positiv festzustellen, dass der überwiegende Teil der Jahreskarteninhaber das bestehende Abo aufgrund der automatischen Rabattierung auf einen Monatsbeitrag von 9 Euro nicht gekündigt hat. Der zwischen Mai und Juni festzustellende Rückgang der Abonnementzahlen von rund 1 Prozent entspricht den üblichen monatlichen Schwankungen. Aufgrund des abgesenkten Preises der insgesamt 260.769 Abos auf 9 Euro monatlich entstehen im Bereich der Abonnements rund 11,4 Millionen Euro an Einnahmeverlusten.
Intensivere Nachfrage im Freizeitverkehr
Die Linien der S-Bahn Rhein-Neckar sowie der verschiedenen touristisch interessanten Buslinien waren insbesondere an den Wochenenden wesentlich stärker nachgefragt als bisher, auch wenn es nicht zu erheblichen Überlastungen gekommen ist.
Ob ein nachhaltiger umweltrelevanter Erfolg erzielt worden ist, wird sich erst zum Ende des Aktionszeitraums und der vollständigen Auswertung der von VDV und der Deutschen Bahn beauftragten bundesweiten Marktuntersuchung ergeben. Befragt werden von Juni bis Ende August 78.000 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählte Personen (Kunden, Nichtkunden des ÖPNV) jeweils einmal in der Woche im Aktionszeitraum. Erste Ergebnisse für den Monat Juni deuten darauf hin, dass rund 20 Prozent bisherige ÖPNV-Nichtnutzer das Ticket gekauft haben.
„Entscheidend wird sein, wie viele der neuen 9-Euro-Ticket - Nutzer perspektivisch den öffentlichen Personennahverkehr auch nach dem Aktionszeitraum nutzen werden und in die bereits bestehenden und günstigen Tarifangebote des Verbundes wechseln. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das 9-Euro-Ticket lediglich ein befristetes Strohfeuer war“, so Malik abschließend.